Eesti 2018 – Chor und Orchester in Tartu

1. Oktober 2018 | Angela Barner

Vom 20.09.2018 bis zum 29.09.2018 fand – wie etwa alle drei Jahre – der Austausch mit unserer Partnerschule, dem Miina-Härma-Gymnasium in Estland, statt. In regelmäßigen Abständen fahren der Chor und das Orchester des Cecilien- und des Helmholtz-Gymnasiums nach Tartu, einer wunderschönen Universitätsstadt im Süden des Landes, wo gemeinsam mit dem Chor des Miina-Härma-Gymnasiums gemeinsam musiziert und ein ganz besonderer Gesamt-Klang entwickelt wird – sowohl musikalisch als auch sozial.

Donnerstagabend brachen wir nach einem langen Schultag um 21.00 Uhr mit dem Bus in Bielefeld auf – weg von der gewohnten Klasse, hin zu einem ganz anderen, wertvollen Lernerlebnis. Wir fuhren etwa 18 Stunden lang durch die Länder Deutschland, Dänemark und Schweden. Wir vertraten uns die Füße bei Tee und Kakao auf zwei halbstündigen Fährfahrten. Stockholm sahen wir nur am Rande, dafür war die Tour auf der „Baltic Queen“, dem riesigen Schiff, das uns samt Tonnen leckeren Essens nach Tallinn bringen sollte, umso spannender: Geschäfte, Restaurants, Möwen und hunderte Gänge mit identisch aussehenden Kabinentüren. Um 17.30 Uhr legten wir ab. Um ca. 10.30 Uhr gingen wir vom Schiff und erkundeten Tallinn.

Dort besuchten wir zunächst das berühmte Singfestgelände, wo wir unser Repertoire für das Estland-Konzert an einigen erstaunten Fahrradtouristen ausprobierten und einen kleinen Klangeindruck gewannen. Dieser Ort, in dessen Zentrum die „Konzertmuschel“ thront, ist für die Esten ein Zentrum ihrer nationalen Identität: Alle fünf Jahre versammelt sich dort eine gigantische Menge von 30.000 Sängerinnen und Sängern, die vor weiteren zehntausenden Menschen hymnische Musik zum Besten gibt. Die inoffizielle Hymne Estlands „Ärkamise aeg“ („Zeit des Erwachens“), die in der sowjetischen Zeit eine wichtige Behauptung nationaler Identität darstelte, durften wir beim Konzert in Tartu selbst singen – unter der Leitung von Kadri Leppoja, die bereits zweimal auf dem Singfest dirigierte.

Bevor wir die mittelalterliche Altstadt und die neuzeitlichen Souvenirshops stürmten, hörten wir eine Orgelmusik, gespielt von Ulla Krigul, in der Domkirche St. Marien.

 

 

 

 

 

Am Abend wurden wir sehr herzlich von der Austausch-Koordinatorin Liis Somelar und Schülern aus dem Chor in der Aula des Miina-Härma-Gymnasiums empfangen und anschließend mit einem Begrüßungsordner und Schokolade unterm Arm an die herzlichen Gastfamilien übergeben. Wir verbrachten den Abend mit unserer neuen Familie auf Zeit. Obwohl das Wetter angenehm warm war, ließen wir es uns nicht nehmen, die Sauna, die fast jede estnische Familie in ihrer Wohnung hat, auszuprobieren.

 

 

 

Am Sonntag lernten wir die faszinierend schöne Natur Estlands kennen, die wir bis dahin nur aus dem Bus heraus gesehen hatten. Wir gingen im Saare-Järve-Nationalpark in zwei Gruppen mit den Austauschschülerinnen und -schülern wandern – wobei ‚balancieren’ es eher trifft: In der faszinierenden Moorlandschaft bewegt man sich nämlich über breite Bretter von Biberbau zu Fliegenpilz, von Blaubeere zu Sonnentau.

 

 

Begleitet wurden wir von einem ebenso wissensstarken wie unterhaltsamen Erdkundelehrer des Miina-Härma-Gymnasiums, der uns auf Deutsch führte. Danach grillten wir Stockbrot und Marshmallows über einem gemütlich knisternden Lagerfeuer. Anschließend verbrachten wir alle gemeinsam den Nachmittag im Jugendzentrum von Tartu. Dort spielten wir Gesellschaftsspiele und vertieften die bereits entstandenen Freundschaften.

 

 

 

 

Am Montag begleiteten wir die estnischen Schülerinnen und Schüler in ihren Unterricht und lernten einige Besonderheiten der estnischen Schule kennen: Unterricht auf Englisch, toll ausgestattete Räume – und sogar Handys waren nicht verboten! Anschließend begann unsere erste Chorprobe. Am Nachmittag wurden wir von zwei Deutsch lernenden Schülerinnen durch Tartu geführt und bewunderten die Sehenswürdigkeiten ihrer Stadt.

Am Dienstag durften wir die erste gemeinsame Chorprobe mit dem Chor des Miina-Härma-Gymnasiums und seines Profi-Dirigenten Markus Leppoja erleben.

Nach dem hohen C ging es noch höher hinaus – und zwar ins Planetarium! Bzw. ins AHHAA -Center in der Tartuer Innenstadt, wo wir den Rest des Tages verbrachten und mit dem Fahrrad auf einem Hochseil fuhren, uns in einem schrägen Raum gegen die Wände fallen ließen und mit eigener Kraft an einem Turm hinaufziehen konnten. Das AHHAA-Center vermittelt nämlich Wissenschaft durch Selbermachen und gilt als eines der modernsten und fortschrittlichsten Wissenschaftszentren des Baltikums. Dort besuchten wir auch besagtes Planetarium, wo wir gleichzeitig fünf Millionen Sterne sehen konnten.

 

 

 

 

 

Am Mittwochmorgen hatten wir erneut eine Probe, bevor wir unser erstes Konzert in der Schule vor eingeladenen Klassen gaben. Dort sangen wir u. a. die Lieder, die wir auch bereits im Reisekonzert in Bielefeld präsentiert hatten. Der estnische Chor sang ebenfalls zwei Lieder – ein für uns neues und wunderschönes Klangerlebnis. Gemeinsam sangen wir Evening rise, Ärkamise aeg und den ersten Satz aus Antonio Vivaldis Gloria, begleitet vom Orchester, das in kürzester Zeit einen brillanten Klang entwickelte.

 

Anschließend fuhren wir zum Estnischen Nationalmuseum, wo auf insgesamt 6.000 qm Ausstellungsfläche die Kulturgeschichte Estlands anschaulich vorgestellt und erklärt wird. Es spiegelt mit seiner faszinierenden Architektur und seinen Ausstellungen zukunftsweisend die Tradition.

Wie gewöhnlich startete der darauffolgende Tag mit einer Probe. Anschließend hatten wir drei Stunden Freizeit, die wir in der Stadt verbringen konnten.

 

 

Am Nachmittag probten wir in der Pauluskirche, die von dem finnischen Architekten Eliel Saarinen als einzige estnische Jugendstil-Kirche entworfen wurde. Am Abend präsentierten wir unser Gelerntes im absolut beeindruckend schönen Altarraum den Gastfamilien und Einheimischen aus Tartu.

 

 

 

Den letzten Abend verbrachten wir mit unseren Austauschschülern im Püssirohukelder – einem uralten Schießpulverkeller mit seinem Backsteingewölbe, in dem es nun tolles Essen, Rodeo und Musik gibt.

 

 

Der Rückweg war Erdkunde live: Er führte uns nämlich durch Lettland und Litauen. An Riga vorbei fuhren wir bis nach Klaipeda, wo wir auf dem Theaterplatz am dortigen Simon-Dach-Denkmal – wie könnte es anders sein – „Ännchen von Tharau“ sangen. Mit der Fähre ging es über die Ostsee nach Kiel. Dann war es nicht mehr weit bis Bielefeld.

Wir sind sehr dankbar für eine wundervolle Woche in Tartu, die riesige Gastfreundschaft und das gemeinsame Musizieren mit unseren estnischen Freundinnen und Freunden.

Nur zwei Schüleräußerungen seien zitiert: „Es war unglaublich.“ „Ich fahre bestimmt beim nächsten Mal wieder mit.“

 

Tabea Gröschl, Marvin Hansing, Josefine Koziel und Kerstin Brune