Was machen die Bielefelder Lehrer eigentlich in Quarantäne?

3. Oktober 2020 | Angela Barner

Artikel: Neue Westfälische 02.10.2020  NW.de  Ariane Mönikes und Ivonne Michel

Ein Coronafall an der Schule – und schon bleiben Lehrer und Schüler zuhause. Jetzt sind Videokonferenzen und Klassenchats gefragt: Die Neue Westfälische hat mit zwei Lehrern im Homeoffice gesprochen.

Arbeit von 7.30 bis 21 Uhr

… Auch Jonas Neugebauer, Lehrer am Helmholtz-Gymnasium, ist seit dem Wochenende in Quarantäne – noch bis zum 8. Oktober. Und nicht allein zuhause. Auch die Zwillinge (1) und Sohn Linus (6) hat die Familie erstmal sicherheitshalber nicht zur Tagesmutter und in die Schule gebracht. Seinen Unterricht, Mathe und Informatik, hat Neugebauer am Wochenende fürs Distanzlernen vorbereitet. „Wir sind da zum Glück gut aufgestellt“, sagt der 37-Jährige. In einer Arbeitsgruppe hat die Schule einheitliche, verbindliche Standards definiert. „Dazu gehört, sich möglichst weiter am Stundenplan entlangzuhangeln, vormittags für die Schüler erreichbar zu sein.“

Das Helmholtz setzt nicht wie viele Schulen aktuell Microsoft Teams ein, sondern „Sdui“, eine Plattform für Kommunikation und Organisation an Schulen. „Die haben wir schon länger im Einsatz, und gute Erfahrungen damit gesammelt“, berichtet Neugebauer. Das Tool bietet vielfältige Möglichkeiten wie Videokonferenz, Klassenchat oder eine Cloud zum Austauschen von Arbeitsunterlagen. Entsprechend des Stundenplans sind hier für alle die Aufgaben einsehbar. Für seinen Informatik-Wahlkurs der Q 2 am Dienstagmorgen hat Neugebauer die Aufgaben für die Doppelstunde zum Thema Programmierung eingestellt: die Software „Greenfoot“ zuhause auf dem PC oder Laptop installieren, ein entsprechendes Kapitel im Buch lesen, die wichtigsten Stichpunkte notieren, ein Programmprojekt herunterladen und zwei Aufgaben dazu im Buch bearbeiten. Per Chat steht Neugebauer seinen Schülern für Fragen zur Verfügung. Für die nächste Doppelstunde hat er eine Videokonferenz geplant.

Auch für die Schüler seines Informatik-Leistungskurses, die selbst nicht in Quarantäne sind, hat er die Unterrichtsstunden laut Stundenplan detailliert vorbereitet, die Aufgaben an die Schüler und den Vertretungskollegen in der Schule weitergeleitet. Es geht um lineare Datenstrukturen und Speicherung. „Weil die Schüler ja vormittags in der Schule sind, haben wir uns außer der Reihe für den Nachmittag zur Videokonferenz verabredet“, ergänzt Neugebauer. Informatik sei natürlich ein Fach, das man sehr gut online unterrichten kann. Aber auch der Matheunterricht mit seiner eigenen Klasse im Jahrgang sieben habe gut funktioniert. Zwei Schüler fungierten als Kontaktpersonen, dürften ihm während des Unterrichts über ihre Handys Fragen der Klasse schicken, die er dann „live“ im Chat beantwortet. Die Aufgaben der Schüler zu kontrollieren und allen einzeln Rückmeldungen zu geben, sei von zuhause aus zeitaufwendiger als gemeinsam in der Klasse. Gerne versendet er auch einen QR-Code mit einer individuellen Audio-Rückmeldung. Verschiedene Tools auszuprobieren und sich einzuarbeiten lohne sich. Da gebe es auch unter den Kollegen eine große Bereitschaft. „Viele von ihnen sind ja selbst nicht nur Lehrer, sondern auch Eltern von Schulkindern.“

Hausaufgaben nachts, weil dann die Geschwister schlafen

Frida (8) ist froh, dass es sie diesmal nicht getroffen hat. Bereits zum zweiten Mal wurde jetzt die Diesterwegschule wegen Corona komplett geschlossen – diesmal aber nur kurzfristig. Fridas Klassenlehrerin allerdings ist wieder in Quarantäne, arbeitet von dort den Vertretungskollegen zu. Schüler, die zuhause bleiben müssen, werden über die digitale Pinnwand „Padlet“ mit Wochenplänen, Aufgaben und Erklärvideos versorgt. „Das läuft sehr gut“, sagt Fridas Mutter Diana Korsmeier, selbst Lehrerin. Aber nicht jede Familie habe ein Tablet und einen Drucker zuhause. Als Frida vor zwei Wochen für 14 Tage in Quarantäne musste, hat Korsmeier den Mitschülern Material nach Hause gebracht. Ohne Garten oder Balkon trifft eine erneute Quarantäne-Zeit Familien sicher besonders hart.Auch Lehrerin Carina Ludwig berichtet von einem Schüler, der seine Facharbeit auf dem Handy getippt habe – weil es in der Familie keinen Laptop gab. So etwas mache sie traurig. Ein anderer Schüler, erzählt sie, mache nachts seine Aufgaben, weil dann seine Geschwister schlafen und er Ruhe habe.